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Elektrosensibilität – Ein Fall für den Psychiater??

Elektrosensibilität – ein Fall für den Psychiater??

„Meine Verordnungen will ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil und alles von ihnen wenden, was ihnen Schaden oder Unrecht bereitet…“

So das Ärztegelöbnis, das auf dem Eid des Hippokrates beruht und das jeder Arzt einmal abgelegt hat. Das ist die Theorie. Die Praxis sieht leider oftmals ganz anders aus, z.B. im Berner Universitätsspital INSEL:
Bereits drei Fälle von Patienten sind uns bekannt, die von dem hehren Gelöbnis nicht viel zu spüren bekamen. Weil wir diese Patienten gut kennen, wissen wir, dass sie nicht an eingebildeten Krankheiten leiden, sondern als schwer Elektrosensible echte Opfer der mobilen Kommunikation geworden sind.

Von Evi Gaigg, 15.4.04

Alle drei wurden im Berner Inselspital durch die ganze teure Apparate-Diagnostik geschleust, die aber keine schlüssigen Resultate nach der gängigen Lehrmeinung gebracht hat. Klar, die Ursache, die Antennenstrahlung kann ja nicht abgestellt werden und zum Schluss, dass diese Bedauernswerten unter Elektrosensibilität leiden, konnten sich die Ärzte nicht durchringen. Da war es denn viel einfacher, ihnen Psychopharmaka zu verschreiben (in einem Fall war es „Haldol“, das bei Hallunzinationen und Bewusstseinsstörungen eingesetzt wird) und ihnen zu empfehlen, den Beipackzettel besser nicht zu lesen.

Wir wollten es schon etwas genauer wissen. Deshalb hat eines unserer Vorstandsmitglieder eine Patientin zur Sprechstunde begleitet. Gern gesehen war diese Begleitung vom behandelnden Arzt nicht, zumal die Begleiterin ihm einige heikle Fragen stellte.

Ärzte sind ungenügend informiert
Der Arzt kannte die wichtigsten einschlägigen Studien nicht. TNO, Reflex, Ecolog, Schwarzenburg, Lilienfeld, Neil Cherry sagten ihm so gut wie nichts. Auch mit den Messwerten eines Messberichtes konnte er nichts anfangen. Dass er selbst zwei DECT-Telefone besitzt, neben einer Handy-Antenne wohnt und keine Beschwerden hat, überträgt er ganz selbstverständlich auf seine Patienten, denen diese Einrichtungen jedoch das Leben zur Hölle machen.

Gemeinplätze, wie „das Autofahren kann man auch nicht mehr verbieten“ und „die Technologie kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, die Grenzwerte könne man nicht senken, weil sonst das Telefon nicht mehr funktioniert“, können nicht als medizinische Ratschläge gewertet werden. Sie halfen der Patientin jedenfalls nicht weiter. Auch nicht die Feststellung, sie sei auf die Antenne fixiert und das sei psychotisch.

In der abschliessenden Beurteilung war dann zu lesen:

Wahnhafte Störungen unklarer Aetiologie
Wir kennen die Patientin sehr gut, darum wissen wir, dass diese Diagnose keinesfalls stimmt. Der Wahn liegt also nicht bei ihr, sondern anderswo.

Gestörte Körperwahrnehmung
Dies hiesse im Klartext, sie bildet sich ihre Leiden nur ein (u.a. auch aufgesprungene Adern und blaurot angelaufene Beine).

Beeinflussungswahn
Also beeinflussen wir gesunde Leute, damit sie sich krank fühlen und die Ärzte und Spitäler beschäftigen? Anders können wir diese medizinsche Vokabel nicht deuten.

Wir forderten Aufklärung
Das alles ging uns denn doch etwas zu weit. Darum haben wir der Direktion des Inselspitals geschrieben, wir würden an die Öffentlichkeit gehen, wenn uns solche Fälle nochmals bekannt würden. Ausserdem wollten wir wissen, ob es stimmt, dass Orange dem Berner Inselspital das Schlaflabor mit einem sehr hohen Betrag gesponsert hat oder ob es sich dabei nur um ein Gerücht handelt.

Daraufhin hat uns die Ombudsfrau des Spitals geantwortet, es sei uns unbenommen, die Öffentlichkeit zu informieren (was wir hiermit tun) und die Medikation, auch mit Psychopharmaka, sei Sache der behandelnden Ärzte. Die Frage nach dem gesponserten Schlaflabor wurde uns dahingehend beantwortet, das tue hier nichts zur Sache. Dies aus gutem Grund. Inzwischen wissen wir nämlich auch, welche Antwort während einer Fernsehsendung die Ärztin des Schlaflabors der INSEL den Anrufern gab, nämlich diese: „An Schlafstörungen ist der Mobilfunk keinesfalls schuld……“ Wir wundern uns allerdings, wieso sie das so präzise weiss und vor allem, woher……

Ein ähnlicher Fall wie der oben beschriebene wurde uns mittlerweile von einem Patienten des Zürcher Universitätsspitals und vom dortigen Schlaflabor berichtet. Es gibt ausserdem ein Schlaflabor, das auf einem Schiff fährt, und zwar unter dem „medizinischen Käpt’n“ Dr. Samuel Stutz. Und von dort wissen wir positiv, dass der sich seine Sendung „Sprechstunde“ von Orange sponsern lässt. – Gut zu wissen, denn die Antwort der Spitäler mit Schlaflabor kennen wir in Zukunft nun bereits im Voraus.

Der Weisheit letzter Schluss
Wer unter Elektrosensibilität leidet und aus Kostengründen in Univesitätsspitälern Linderung seiner Beschwerden sucht, wird in der Regel als psychisch krank abgestempelt und mit Psychopharmaka ruhig gestellt. Er hat Glück, wenn er nicht in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen wird, um nicht als Ärgernis für die Industrie, die uninformierte oder auch nicht interessierte Ärzteschaft und die Gesellschaft zu gelten.

Von Hans-U. Jakob

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