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Eine Rede von Bundesrat Christoph Blocher

EINE REDE VON BUNDESRAT CHRISTOPH BLOCHER

Journalisten gehören einer wenig beneidenswerten Berufsgattung an: Jeden Tag müssen Sie eine Zeitung füllen, gleichgültig, ob sich viel oder wenig ereignet hat. Sie sollen die Wirklichkeit beschreiben, auch wenn Ihnen diese Wirklichkeit bewusst oder unbewusst vorenthalten wird. Es gibt wahrlich einfachere Jobs als jene des Journalismus. Ich muss mich geradezu beherrschen, nicht einem seelsorgerischen Ton zu verfallen ???

sagte Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der BZ-Preisverleihung für den besten Lokaljournalisten.

Gigaherz ergreift nur selten Partei für einen Magistraten. Etwa dann wenn einer Recht hat.
Und wenn einer Recht hat, dann hat er eben Recht, egal welchem Parteiprogramm oder welcher Weltanschauung er sonst nachlebt.

Die Rede von Bundesrat Christph Blocher passt so millimetergenau zum Thema nichtionisierende Strahlung (Elektrosmog), dass wir diese hier gerne auszugsweise wiedergeben.
(Den vollen Wortlaut finden Sie in der Berner Zeitung vom 3 u 4.12.05)

Ab hier O-Ton Chr. Blocher:

Moralisten als Beschöniger
Der Mensch neigt leider dazu, den wahren Zustand zu übersehen, zu beschönigen oder zu verdrängen. Vor allem so genannt moralisch hoch stehende Menschen neigen zur Verdrängung, weil sie Angst davor haben, die Wirklichkeit könnte schlechter sein, als das, was sie selbst wollen. Besonders dann, wenn diese Moralisten selbst im Geschehen stecken, tun sie alles, um die Wirklichkeit zu beschönigen, damit sie selber in besserem Licht erscheinen. Der Mensch glaubt allgemein, man müsse den Ist-Zustand nur so beschreiben, wie man ihn gerne hätte, dann sei alles gut. Wird einem dann später dieses selbst fabrizierte Trugbild als Wirklichkeit in Zeitung und Fernsehen vorgesetzt, nimmt man diese schmeichelnde Ersatzrealität natürlich gerne für bare Münze.
Glücklicherweise funktioniert dieses selbstbetrügerische System nur kurzfristig. Die Wirklichkeit trotzt allen Manipulationsversuchen. Je früher sie wieder zum Vorschein kommt, desto weniger folgenreich spielt sich dieser Läuterungsprozess ab.

Schreiben, was ist
Wer im Lokalen wie im Überregionalen Zeuge solcher menschelnder Verschönerungs- oder Verdrängungsvorgänge wird, merkt etwas von der oppositionellen Kraft, die allein in der Schilderung der Wirklichkeit liegt. Besonders der Lokaljournalist, der ganz nahe bei der Wirklichkeit arbeitet, gerät fast automatisch in den Zwiespalt, entweder gegen sein besseres Wissen an der Verschleierung der Tatsachen mitzuwirken oder die Wahrheit aufzudecken und damit in Opposition zur Macht und zu den Mächtigen zu geraten ??? was mitunter gefährlich sein kann.
Tun Sies trotzdem oder gerade deswegen! Schreiben, was ist! So lautet Ihr grosser Beitrag als Journalist. ?Schreiben, was ist? ist das journalistische Vermächtnis des ?Spiegel?-Begründers Rudolf Augstein. Denn, so der grosse Publizist weiter: ?Richtig informieren heisst auch schon verändern!?
Aber wenn richtig informieren auch schon verändern heisst, was bewirkt dann das falsche Informieren? Nun: Auch falsche Informationen sollen verändern. Sie sollen die Wirklichkeit verändern, das heisst fälschen. Und zwar zu Gunsten des Manipulators. Darin liegt das schlichte Motiv der Verfälscher. Das wissen Krieg führende Generäle, Diktatoren, Monarchen, Regierungen ??? und Informationsbeauftragte. Aber das wissen auch Sie als Journalisten.
Falsche Informationen haben das Ziel, die Wirklichkeit zu vertuschen. Das ist schliesslich ihr Sinn. Nicht selten versuchen gerade Politiker, Fehler und Misserfolge zu beschönigen, um ihre Arbeit ins beste Licht zu rücken. Eine verständliche Absicht. Denn auch Politiker lieben den Applaus der grossen Menge. Sie glauben, ihr ganzes politisches Überleben hänge von der öffentlichen Zustimmung ab. Da werden schon mal ein paar Tatsachen zurechtgebogen oder verschwiegen oder geschönt. Aber das gilt nicht nur für die Politik. Selbst in der Wirtschaft, der Kirche, der Gesellschaft, selbst im Privaten sind Menschen nicht gefeit dagegen.

Subversive Tätigkeit
Sagen, was ist! Schreiben, was ist! Die Wirklichkeit abbilden kann da ??? wie gesagt ??? plötzlich sehr subversiv und gefährlich sein. Sie sehen: Journalist ist ein gefährlicher Beruf. Ich meine nicht dann, wenn auch Sie die Tatsachen verdrehen, sondern eher dort, wo Sie die Fakten so darstellen, wie sie sind. Gute Journalisten sind Detektive, Wühler, Unruhestifter, nicht eben angenehme Zeitgenossen. Liebesbedürftige kommen nicht auf ihre Rechnung. Diese sind in der Politik besser aufgehoben. Deshalb frage ich Sie: Können Sie sich mit Ihrer Mission identifizieren? Wollen Sie diese Mühsal tatsächlich auf sich nehmen?
Zu beneiden sind Sie wirklich nicht, denn man macht Ihnen das Leben oft genug schwer. Was bekommen Sie als Informationen? Meist bloss geschönte Berichte, verführerische Pressetexte, filtrierte Auskünfte. Die Worte von offiziellen Sprechern haben Sie zu deuten wie das Orakel von Delphi. Häufig verabreicht man Ihnen nur Halbwissen, was in der Regel schlimmer ist als gar keine Information.

Pädagogische Erziehung?
Vielleicht hören Sie das alles nicht so gern, denn ?Schreiben, was ist? entspricht nicht dem Zeitgeist. Diese Devise mag Ihnen vielleicht sogar etwas langweilig erscheinen. Viele Journalisten sind ja wie gute Pädagogen. Sie wollen die Welt, die Menschheit, die Schweiz, den Bundesrat, die Politiker, den Blocher verändern und verbessern ??? und plötzlich sind Sie keine Journalisten mehr, sondern betreiben, vielleicht ohne es zu wollen, selber Politik. Damit untergraben Sie die Grundlagen Ihrer journalistischen Arbeit. Sie verlieren an Glaubwürdigkeit, an Respekt und ??? vor allem ??? an Einfluss. Sie verlieren Ihr Kapital ??? Ihr Einfluss ist die Macht des Faktischen! Denn nur so treffen Sie die Realitätsverweigerer, die Wirklichkeitsbeschöniger, die Manipulatoren ??? einfach all jene, die glauben, sich mit Geheimniskrämerei, moralistischer Weltfremdheit und selektiver Wahrheit an der Macht halten zu können, weil sie so mit schönem Mäntelchen ihre Mängel und ihre Unfähigkeit verdecken. Dazu bedarf es allerdings eines offenen Klimas in Medien, Politik und Gesellschaft. Wo dieses nicht vorhanden ist, werden Sie kritisiert, bestraft und beiseite geschoben. Demokratische Macht baut jedoch auf das Fundament der Transparenz.

Sich Freiheiten nehmen
Und hier meine ich, hätten die Journalisten einen besonderen Vorteil. Sie haben es besser als die Leute, die in der Macht, in der Politik stehen. Diese dürfen nicht alles sagen, was sie denken, oft nicht einmal sagen, was ist. Der Journalist darf und soll sich solche Freiheiten nehmen.
Die Darstellung von dem, was ist, kann gefährlich sein. Viele Menschen mussten sogar ihr Leben lassen, nur, weil sie sagten, was ist. Die Weltgeschichte kennt viele Scheiterhaufen. Aber diese Menschen haben Geschichte gemacht. Nun, so weit müssen Sie heute wohl nicht mehr gehen, obschon auch im Jahre 2005 noch ein paar Restrisiken für Ketzer bestehen.
Sie wissen alle, wovon ich rede. Sie kennen sie alle: den Mainstream, in dem auch die Journalisten oft und gerne schwimmen.
Ihnen ist aus der Geschichte das Schicksal von Galileo Galilei sicher bekannt. Mit seinem Fernrohr entdeckte der florentinische Gelehrte vier Monde des Jupiters. Sie tauchten hinter dem Planeten auf und verschwanden wieder. Sie umkreisten ihn. Der Legende nach forderte Galilei die Kardinäle auf, durchs Fernrohr zu blicken ??? um zu sehen, was ist! Doch die Kardinäle weigerten sich. Mit guten Gründen. Denn sie waren weder dumm noch astronomisch ungebildet. Sie fürchteten sich bloss, vor den unwiderlegbaren Fakten und deren Folgen. Die Kirche bangte um ihre moralistische Lufthoheit. Wenn da einer sagt, wie es ist, glaubten sie die ganze kirchliche Autorität in Gefahr. Wer der herrschenden Moral entgegentritt, muss entweder zum Schweigen gebracht, beseitigt werden oder widerrufen. Zum Widerlegen bleibt da keine Zeit. Galileo widerrief: ?Mit aufrichtigem Herzen und ungeheucheltem Glauben schwöre ich ab.? Da man die Wirklichkeit nicht widerlegen kann, muss der, der sie verkündet, vernichtet werden.

Mit Galileis Methoden
Meine Damen und Herren, sehr geehrte Lokaljournalisten und Pressefotografen: Sie sind es, die mit den Methoden Galileis arbeiten. Sie halten die Lupen, Ferngläser und Fotolinsen in Ihren Händen. Hinterfragen Sie, seien Sie kritisch, misstrauen Sie den Mächtigen und der Macht. Entziehen Sie sich dem opportunistischen Sog. Aber tun Sie es nicht, um Ihre eigene oder irgendeine politische Meinung durchzusetzen, sondern tun Sie es, um darzustellen, was ist!
Verschreiben Sie sich keiner Gesinnung, dann werden Sie vielleicht nicht geliebt, aber anerkannt oder gar gefürchtet sein. Leuchten Sie die Themen aus, zwingen Sie die Herren Kardinäle von heute vor die Linsen. Und die Herren und Damen Kardinäle ??? ob weltliche, kirchliche oder atheistische ??? sie werden sich zieren. Genauso wie damals. Vielleicht wird man Sie wegen Ihres Schreibens oder wegen Ihrer Bilder der Ketzerei verdächtigen.
Macht nichts. Sie schreiben und dokumentieren nicht für sich selbst, nicht für die Inquisition, nicht für die Kardinäle, sondern für das Publikum, für die Bürgerinnen und Bürger, die ein Anrecht haben, zu wissen, was ist.

Von Hans-U. Jakob

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