News

Ein geschlossener Schriftwechsel ist noch lange nicht geschlossen

Ein geschlossener Schriftwechsel ist noch lange nicht geschlossen

In Baurechtsverfahren verfügen die Gerichte und Behörden öfters, dass der Schriftwechsl ab jetzt geschlossen sei, was nichts anderes bedeutet, als dass die Streitparteien ab dato keine weiteren Stellungnahmen und Beweismittel mehr einreichen können, weil die Sache langsam entscheidungsreif wird.

Hans-U. Jakob, 18.5.06

Das glaubten wir wenigstens bis anhin und hielten uns auch schön brav daran. Nun mussten wir merken, dass die Mobilfunkbetreiber und deren Anwälte auch über den geschlossenen Schriftwechsel hinaus, munter weiterhin allerlei mögliche und unmögliche Dokumente und Anträge nachreichen.

Auf eine ziemlich harsche Anfrage eines Beschwerdeführers hin, teilte das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit, dass ein geschlossener Schriftwechsel eben nicht geschlossen sei.
So verdreht kann nur die Welt der Gerichte sein.

Hier die Antwort des VG Zürich im Orginalton:

Sehr geehrter Herr XY,

Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 7. Mai 2006, bei uns eingegangen am 10. Mai 2006, mit dem Sie sich nach der Möglichkeit einer Stellungnahme zu den von der privaten Gegenpartei mit Eingabe vom 18. April eingereichten Unterlagen erkundigen, kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Gemäss ? 58 Satz 2 des Verwaltungsrechtpflegegesetzes vom 24. Mai 1959 ist die Durchführung eines zweiten Schriftwechsels fakultativ. Aufgrund des Gehörsanspruchs in Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 muss ein zweiter Schriftwechsel dagegen dann durchgeführt werden, wenn das Gericht auf neue tatsächliche Behauptungen und rechtliches Vorbringen abstellen will, die erst in der Beschwerdeantwort vorgebracht wurden (Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999 ? 58 N. 10) Auch aus Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt sich ein Anspruch, sich zu den Eingaben einer Gegenpartei zu äussern, nur dann, wenn eine Eingabe neue und möglicherweise umstrittene rechtserhebliche Vorbringen enthält (vgl. BGr, 19. August 2004, 1A.43/2004, E. 2.4, www.bger.ch). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass es grundsätzlich Sache der Parteien sei zu beurteilen, ob eine Vernehmlassung neue Argumente enthalte und eine Stellungnahme erfordere (EGMR, 18. Februar 1997, Nideröst-Huber, 18990/91, ? 29. http://hudoc. echr.coe.int). Hält der Beschwerdeführer eine Stellungnahme von seiner Seite für erforderlich, muss er eine solche unverzüglich nach Erhalt der Vernehmlassungen beantragen, bzw. einreichen (vgl. BGr, 11. April 2006, IP.827/2005, E. 2.2; 22. November 2005, 1A.92/2005, E. 3.3; beide unter www.bger.ch)

Es steht Ihnen somit frei, unter Darlegung, dass die Eingabe vom 18. April 2006 neue tatsächliche und rechtliche Vorbringen enthält, eine Vernehmlassung zu beantragen oder einzureichen.

Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 8090 Zürich

Von Hans-U. Jakob

Kommentare sind ausgeschaltet