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Der Geissenpeter von Guttannen

Guttannen, ist das letzte Dorf auf der Bernerseite des Grimselpasses. 1050m über Meer, 300 Einwohner. Warum wohl kommt Swisscom auf die Idee, ihr neues 5G-Netz ausgerechnet in diesem kleinen Bergdorf zu testen?

von Hans-U. Jakob, Gigaherz.ch
Schwarzenburg, 14.7.2018

Der alleinige Arbeitgeber dort oben ist die KWO. Das heisst die Kraftwerke Oberhasli AG. Die Betreiberin von 13 Kraftwerken mit 8 riesigen Stau- und Speicherseen gehört zu den grössten Stromproduzenten Westeuropas. Die Gemeinde Guttannen, flächenmässig eine der grössten im Kanton Bern, von der Einwohnerzahl her jedoch eine der kleinsten, existiert und lebt vorwiegend von den Wasserzinsen, welche die KWO jährlich in die Gemeindekasse liefern. Auch sonst wird noch so manches in der Gemeinde von den KWO mitfinanziert. So hätte zum Beispiel die Schule wegen zu geringer Schülerzahl längst geschlossen werden müssen….

Links und rechts des Dorfes transportieren 2 oberirdische Höchstspannungsleitungen, die in unchristlicher Nähe zu den Häusern stehen, den dort oben produzierten Strom talabwärts.
Wenn im grossen Kanton draussen kein Wind weht und an der Nordseeküste oben deshalb die Windmühlen (sprich Windparkanlagen) stillstehen und in den Alpenländern zur gleichen Zeit die Sonne nicht scheint, das heisst die Solardächer kalt bleiben, ja dann wird Wasserkraftstrom talabwärts geliefert, bis die Seile an den Hochspannungsmasten wegen den gigantischen Magnetfeldern zu schlottern beginnen. Insider wissen zu berichten, dass dann selbst die Masten vibrieren und dass sich die Vibrationen bis zu den Hausfassaden hin übertragen.


Hier getraut sich keine/r den Mund aufzumachen.
Hier regieren die KWO. Wer da etwas von Elektrosmog sagt, riskiert postwendend in die Psychiatrie nach Meiringen verfrachtet zu werden. Damit dürfte wohl dem Letzten klar geworden sein, weshalb die Swisscom ihren 5G-Versuch, hier oben, 100km von ihrem Hauptsitz entfernt durchführt.

3 Häuser wurden für das 5G-Experiment auserkoren.

Das Erste beim Geissenpeter. Direkt an der Grimselpassstrasse bläst er dort für einmal nicht Alphorn sondern Glas. Und wenn die Japaner dort Halt machen um sich mit gläsernen Souvenirs einzudecken, auch noch die Gämsen sehen möchten, lässt er einfach seine Geissen den Hang hoch laufen. In Akademikerkreisen sagt man denselben Tieren zwar Ziegen. Blöde Geissen sind deshalb in akademischen Kreisen nicht bekannt.
Dank 5G kann der Geissenpeter jetzt seine Geissen, die alle Funk-Halsbänder tragen, digital am Bildschirm vom Ladentisch aus hüten, derweil er die eiligen Japaner und Chinesen bedient. Sollte sich eine von ihnen, das heisst von den Geissen, nicht von den Japanerinnen, zu weit in den Felsen oben versteigen, schickt er eine vollautomatisierte 5G-gesteuerte Drohne mit eingebautem Lautsprecher los, aus welchem Hundegebell ertönt.
Als Fernziel soll später einmal eine voll durchdigitalisierte Alpkäserei mit vollautomatischem Geissen-Melkstand und voll automatisierter Geisskäseproduktion entstehen. Um einen teuren Alphirten zu ersetzen und in die Arbeitslosigkeit zu entlassen, müssen allerdings zuerst noch gut 10 Millionen investiert werden. Der erste Digital-Alpkäse soll unbedingt aus Guttannen kommen.

Das Zweite Versuchshaus ist dasjenige des pensionierten Gemeindeschreibers. Dieser kann jetzt dank 5G dreidimensional Fernsehen. Alles durch die Luft übertragen, statt über die  blöden Kabel. «Fixed wireless Access» sage man dem scheints auf Neudeutsch. Und mit «Beamforming» könne er jetzt auch ausserhalb des Hauses drahtlos Fernsehen. Mit einer riesigen 3D-Brille auf der Nase, die aussieht wie ein «Brett vor dem Grind». Dank «Beamforming» sei es möglich, dass der Funkstrahl dem Anwender immer schön brav überall hin folge und uneingeschränktes 3D-Fernsehen während dem täglichen Spaziergang durch das Dorf ermögliche. Als Gegenleistung müsse er allerdings noch all die englischen Ausdrücke kennen- und auswendig lernen, um diese den Dorfbewohnern zu erklären.

Das dritte Versuchshaus ist die Dorfschule. Denn der Geissenpeter ist auch noch Schulkommissions-Präsident. Da gibt es gar nichts zu husten. Nicht einmal zu räuspern.
Sollte je ein Kind ernsthaft an elektromagnetischer Strahlung erkranken, kann Swisscom die Schuld immer noch auf die Hochspannungsleitungen schieben. Das Dorf ist sowieso schon verseucht genug. Da kann doch das «Bitzeli» 5G-Strahlung nicht noch mehr Schaden anrichten.
Und Swisscom schreibt, weil mit dem wunderbaren neuen 5G Mobilfunkstandart die heutigen Strahlungsgrenzwerte nicht eingehalten werden können, habe man beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) für den Guttannen-Versuch eine Sonderbewilligung eingeholt. Das Komische daran ist, dass für solche Baugesuche, wie für zusätzlich erforderliche Mobilfunkantennen, gar nicht das BAKOM zuständig ist, sondern das Regierungsstatthalteramt Interlaken-Oberhasli.

Und weil der 5G-Versuch in Guttannen auf einer Funkfrequenz von 3.6Gigahertz mit Wellenlängen von 8.3cm läuft, dringt diese Strahlung sehr schlecht bis überhaupt nicht durch Hauswände hindurch. Damit diese Strahlung überhaupt in die Häuser eindringt und Geissenpeter, alt Gemeindeschreiber, Schüler und Lehrer diese nutzen können, muss man in den Fenstern dieser Häuser eine Art funkende Katzenklappen einbauen. Das heisst, aussen an der Scheibe Empfänger und innen Sender oder auch umgekehrt. Innen Empfänger und aussen Sender. Die 5G-Funkverbindung muss ja in beiden Richtungen durch die Wand.

Diese Geschichte ist noch nicht ganz wasserdicht. Bei den elektronischen Halsbändern für die Geissen gibt es noch Lieferschwierigkeiten. So dass die Geissen auf der Alp vorderhand noch mit Webcams überwacht werden müssen.
Der Rest ist echt. Genau so echt, wie die Löcher im Geisskäse, made by Glasbläser in Guttannen, Switzerland.

Von Hans-U. Jakob

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