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Das Kopierrecht für Planunterlagen

Das Kopierrecht für Planunterlagen

Hans-U. Jakob, 27.11.02

Zu einer Planauflage auf der Gemeindekanzlei gehören bei einem Baubewilligungsverfahren für einen Mobilfunksender zwecks Information des Bürgers oder der Bürgerin mindestens folgende Dokumente:

-Standortdatenblätter (technische Daten der Anlage)
-Antennendiagramme (graphische Darstellung der Strahlenkeulen)
-Uebersichtsplan mit eingetragenen Orten empfindlicher Nutzung
-Antennenbauplan im Seitenriss, mit Höhenangaben

Das Recht auf Einsichtnahme beinhaltet nicht nur das Recht Notizen zu machen, sondern nach gängier Bundesgerichtspraxis auch das Recht, diese Unterlagen zu kopieren und zum Zweck der Ueberprüfung durch einen von den Einsprechern bestimmten Fachmann zu behändigen.
Der Maximalpreis den die Gemeindeverwaltungen pro Kopie verlangen dürfen beträgt, höchstrichterlich festgelegt maximal Fr. 2.-

Verweigert eine Gemeindekanzlei diese Kopien ist etwas oberfaul und eine Einsprache muss folgendermassen formuliert werden:
-Verweigerung des rechtlichen Gehörs
-Amtswillkür
-und bis zur Herausgabe dieser Dokumente und bis zur Kontrolle durch eine externen Fachmann der Einsprecher gelten sämtliche Grenz- und Anlagewerte als überschritten und die Anlage darf nicht bewilligt werden und es kann solange auch nicht mit dem Bau begonnen werden.

Mit den oben aufgeführten Dokumenten müssen die Baugesuchsteller beweisen, dass ihr Projekt allen Vorschriften, insbesondere der Einhaltung von Grenz und Anlagewerten, genügt.
Doch wer soll diese Flut von Zahlen und Formeln kontrollieren.

In erster Instanz wären dazu die Gemeindeverwaltungen verpflichtet, aber 95% aller Bauamtsangestellten haben von der Materie leider nicht die blasseste Ahnung und geben diese Dokumente lieber an eine kantonale Umweltschutzfachstelle zur Ueberprüfung weiter. Doch hier hat einzig der Kanton und die Stadt Zürich einen dazu ausgebildeten Fachmann. Die andern Kantone haben wohl einen Verwaltungsangestellten, der schon einmal davon gehört hat, wie so eine Anlage nachgerechnet werden sollte, aber dazu in den meisten Fällen zu wenig Zeit zur Verfügung hat, da er infolge wegrationalisierten Kollegen auch noch deren Arbeit auf andern Sparten erledigen muss.

Kein Wunder, dass da die haarsträubendsten Sachen passieren.
Hier einige Müsterchen:

Stadt Zürich
Auf dem Amt für Baubewilligungen türmen sich die Baugesuche für Mobilfunkantennen. Alles muss schnell gehen, die politischen Vorgesetzten wünschen das so. Stempel, Datum, Unterschrift und weg damit! Es wird schon stimmen!
Erst die Kontrolle der Standortdatenblätter durch die Fachstelle der Gruppe Hans-U.Jakob förderte eine Grenzwertüberschreitung von über 30% zu Tage. Die Mobilfunkgesllschaft Sunrise TDC zog ihr Baugesuch darauf schleunigst zurück.

Worb BE
In den Bauakten fehlen die Antennendiagramme. Ohne diese Grafiken kann keinerlei Grenzwertberechnung durchgeführt werden.

Das Nichteinreichen der Antennendiagramme ist der jüngste Trick von Orange um Grenzwertüberschreitungen zu vertuschen.
Der Bauverwalter von Worb hat keine Ahnung was ein Antennendiagramm überhaupt ist und putzt deshalb die Einsprecher, welche diese verlangen, mit einer paar saloppen Mobilfunker-Sprüchen, unter dem Applaus der an den Einspracheverhandlungen anwesenden Orange Vertreter einfach herunter.

Worb BE
Die Einsprecher verlangen die strickte Einhaltung der Anlage-Perimeter. Das ist der Kreis, innerhalb welchem keine weitere funktechnische Anlage stehen darf.
Der Bauverwalter von Worb hat weder Ahnung was ein Anlage-Perimeter ist, geschweige denn, wie man diesen berechnet, noch hat er eine Ahnung, wo weitere funktechnische Anlagen stehen. Dafür hat er eine umso grössere Ahnung davon, wie man unbequeme Bürger mit Hilfe von übelsten Sprüchen aus Mobilfunk-Prospekten blossstellt und zum Schweigen bringt.

Kölliken AG
Den Einsprechern wird die Herausgabe der Projektunterlagen zwecks Ueberprüfung durch eine externe Fachstelle verweigert. Die Kumpanei zwischen Orange und der Gemeindeverwaltung ist offensichtlich. Der Verdacht einer gewaltigen Mogelei erhärtet sich zusehends.
Die Einsprecher verlangen einen schriftlichen Entscheid des Gemeinderates über den Beschluss, die Akten nicht kopieren zu dürfen, inklusive einer Rechtsbelehrung dazu.
Dieser Entscheid wird den Einsprechern nie zugestellt. Dafür können diese dann in der erteilten Baubewilligung nachlesen, das Kopieren der Akten (10Seiten A4 und 2 Blätter A3) hätte für die Gemeinde einen unverhältnismässig hohen Aufwand bedeutet.
Unverhältnismässigkeit oder Schlitzohrigkeit?? Das ist hier die Frage.

Eine Zürcher Landgemeinde
Der Gemeinderat bewilligt ein Baugesuch für eine Mobilfunk-Antenne. Wie im Kanton Zürich üblich, verlangen einige Einsprecher danach Akteneinsicht und verlangen die technischen Daten der Anlage zwecks Kontrolle der Grenzwerteinhaltung durch eine eigene, externe Fachstelle.

Diese technischen Akten sind jedoch schlicht nicht vorhanden. Gemeinderat und Baurekurskommission haben eine Baubewilligung im Blindflug ausgestellt.
Die Einsprecher klagen darauf wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs, wegen Amtsmissbrauch und Amtswillkür.
Der Gemeindeschreiber, ein altgedienter ehrlicher Mann, sagt, so etwas dürfe es in seiner Gemeinde unter seiner Regie nicht geben und verspricht hoch und heilig, die Akten zu besorgen und zu kopieren. Deshalb nennen wir den Namen dieser Gemeinde hier nicht.

Was häufig auffällt:
Einsprecher erhalten oft langfädige Antworten auf Fragen, die sie gar nie gestellt haben.
Es gibt da eine Firma in der Nähe von Zürich, welche Gemeinden und Kantonen eine Diskette voller Textblöcke zur Abschmetterung von Mobilfunkeinsprachen anbietet.
Das Dumme an der Sache ist nur, dass man auf den Gemeindeverwaltungen oder beim Kanton dann zum Mindesten wissen sollte, welcher Textblock zu welcher Frage passt,
sonst kommen wir vom Gigaherz-Team nicht mehr aus dem Schmunzeln heraus.

Von Hans-U. Jakob

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