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Das ICNIRP-Spiel

Das ICNIRP -Spiel

Kurzauszug aus der Studie

„Beurteilung der Wirkungen auf die Gesundheit in den ICNIRP -Richtlinien für Mobilfunk und Mikrowellenstrahlung“ 31/1/2000

von Dr. Neil Cherry, Lincoln University, New Zealand

aus dem Englischen übersetzt von Leopoldine Gaigg

Wünschenswert wäre die Harmonisierung der Regeln der WHO und ICNIRP zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes in allen Ländern. Leider wird dabei nur die thermische Sicht (Erwärmung des Gewebes) in Betracht gezogen. Diese Betrachtungsweise wurde stur beibehalten, obwohl es genügend zwingende epidemiologische und Laborbeweise für die Gesundheitsschädigung gäbe, genauso, wie in früheren Jahren bei Chemikalien, die sich als karzinogon, neuropathenogen, kardiogen und teratogen erwiesen haben.

Beurteilung der ICNIRP-Bewertung: fehlerhaft

Die Grundbeurteilung der ICNIRP und deren Bewertung der wissenschaftlichen Forschung weist ernsthafte Fehler auf, denn die ICNIRP bleibt bei der thermische Betrachtungsweise und weist alle Beweise, die dieser widersprechen zurück oder lässt sie weg. Sie handelt damit nach einem vorgefassten Konzept und tut jeden Beweis, der dem widerspricht in unangebrachter Weise ab. Würde die ICNIRP die vorhandenen epidemiologischen Beweise für die athermischen Wirkungen anerkennen, würde sie ja indirekt und folgerichtig Studien über thermische Expositionen widersprechen. Damit weicht die WHO entgegen den bisherigen Methoden zur Festsetzung von Richtlinien, die für die Beurteilung über die Schädlichkeit von toxischen Chemikalien, Drogen oder Luftverschmutzung von der WHO und andere Kommissionen festgesetzt wurden, im Falle der nichtionisierenden Strahlung ab. Im ersten Fall wurden für die Richtlinien in erster Linie epidemiologische Beweise und in zweiter Linie Tierexperimente berücksichtigt.

Bei der Festsetzung von Richtlinien über die nichtionisierende Strahlung folgt die ICNIRP hingegen einem einfachen biologischen Prinzip der Gewebeerwärmung und ignoriert systematisch und konsequent alle vorhandenen epidemiologischen Beweise und Tierbeweise über athermische Wirkungen, obwohl gute Grundlagen vorhanden wären.

Das ICNIRP-Spiel und seine „Regeln“

Ein Wort kommt einem in den Sinn, wenn man den ICNIRP-Bericht liest: „Sie scheinen ihr eigenes Spiel zu spielen, ihre Regeln aufzustellen, wie sie fortzufahren gedenken. Eigentlich spielen sie zwei Spiele.

„Die ICNIRP spielt ihr eigenes Spiel und stellt ihre eigenen Regeln auf. Es ist ein Spiel, das von den nationalen Behörden als ein Team gespielt wird. Und sie fühlen sich dabei sehr wohl. Der Name des Teams ist `Der Konsens der Wissenschaft`. Jedoch ist daran nur ein kleines und sehr genau ausgesuchtes Team beteiligt,

-dem nationale Experten angehören,

-die von nationalen Behörden kommen und
-die Regeln des ICNIRP-Spiels anerkennen.

Im ICNIRP-Spiel lautet die erste Regel, dass es nur eine thermische Wirkung auf das Gewebe durch die RF-Exposition gibt. Man muss sich mit der Regel einverstanden erklären.

Als Folge davon sind im ICNIRP-Spiel alle anderen Wirkungen nicht real und jede epidemiologische Studie, die eine Wirkung bei nichtthermischer Exposition zeigt, muss falsch sein und wird zurück gewiesen. Mit anderen Worten: Wenn Sie diese Regel verletzen, sind Sie aus dem Spiel draussen.

Bei diesem Spiel ist es fein, die Regeln zu ändern, je nachdem für das, was willkommen und bedeutend, was ein Beweis ist und ein Kriterium dafür, wie eine biologische Wirkung nachgewiesen wird.

In diesem Spiel liefert eine Studie nicht eher den Beweis, als bis sie genau wiederholt wurde. Sie müssen 13 Kriterien, die für ein Experiment aufgestellt wurden, erfüllen, um glaubwürdig zu sein, z.B. Meltz (1995). Wenn auch nur ein Kriterium verletzt wird, dann können Sie Ihre Forschungsarbeit zurück ziehen.

Ähnlich benutzt das ICNIRP-Team das Bradford-Hill-Kriterium, um alle epidemiologischen Studien zu kritisieren und zurück zu weisen. Ein Kriterium, wichtig oder nicht, genügt, um die ganze Studie zurück zu weisen.

Lange Zeit war Dr. Repacholi der Kapitän des ICNIRP-Teams. Er hat geholfen, die Regeln aufzustellen und zu ändern. Seine eigene Studie zeigt eine signifikante athermische Wirkung. Er konnte im Team bleiben, indem er die Regeln änderte.

Kurze Zusammenfassung einer weiteren Stelle aus dem gleichen Dokument:

Dr. Repacholi – der Beweis eines führenden WHO/ICNIRP- Mitglieds *)

Dr. Michael Repacholi, hatte den Vorsitz über das WHO-Review-Team und das der ICNIRP bis 1996 inne gehabt. Im November 1995 trat er als Zeuge in einem Gerichtsfall auf, als Ortseinwohner der Vorstadt Ilam, in Christchurch, New Zealand gegen einen Stadtratsbeschluss für die Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Dach eines alten Vorstadttheaters in der Mitte ihrer Gemeinde eingesprochen hatten. Die Anlage hätte eine Anzahl von Wohnungen und einen Kindergarten, 70 Meter von der Anlage entfernt, bestrahlt. Dr. Repacholi sagte als Chefexperte Folgendes aus (beachten Sie bitte, dass der Akzent auf „irgend“ jener von Repacholi ist):

-„Um irgendeine schädliche Wirkung zu erzeugen, muss die RF/MW-Exposition überhalb einer Schwelle erscheinen, die notwendig ist, um die Gewebetemperatur um mindestens 1° C zu erhöhen.“

-„Vielfache Expositionen unterhalb des niederschwelligen Levels von RF/MW sind nicht als irgendwelche gesundheitsschädliche Auswirkungen gefunden worden.“

– „Expositionen durch RF/MW-Felder sind nicht als Krebs erzeugend fest gestellt worden.“

-„Keine Anhäufung von Schäden erscheint bei Geweben von niederschwelligen Expositionen.

-„Die Wissenschaft hat keine Beweise von schädlichen Auswirkungen von wiederholten Expositionen von Levels unter der Schwelle gefunden.“

Damit stimmen Dr. Repacholis Beweise völlig mit den ICNIRP-Schlussfolgerungen und mit denen der WHO/IRPA/UNEP Review, WHO (1993) überein. Um seine Behauptung zu stützen, dass die thermische Sichtweise der „Konsens der Wissenschaft“ war, hat Dr. Repacholi die WHO angegeben (1993), wo er selbst Hauptverantwortlicher war. Dr. Repacholi hatte ein Forschungsprojekt in Australien beaufsichtigt, in dem genetisch veränderte Mäuse einem thermisch niedrig dosierten GSM-Funksignal während 2 ½ Stunden pro Tag ausgesetzt wurden. Schlussfolgerung: „Das Lymphomrisiko, das gefunden wurde, war bei den exponierten Mäusen signifikant höher als bei den Kontrollmäusen“.

Folglich widersprechen Dr. Repacholis eigene Forschungsergebnisse nach der Folgerung im Neuseeland-Gerichtsfall seinen Behauptungen vor Gericht. In einer Industrie-gesponserten Pressekonferenz in Wien zur Zeit des EMR-Workshops im Oktober 98, hat Repacholi erklärt, dass dies kein Beweis von schädlichen Wirkungen von Mobilfunkanlagen sei. Befragt über seine Forschungsergebnisse, sagte er, ein wissenschaftliches Experiment kann nur als „Beweis“ gelten, wenn es unabhängig wiederholt worden ist. (Anm. An diesem Satz klammern sich die Mobilfunkbetreiber auch heute noch fest). Das ist aber nicht die Definition für „Beweis“, den die meisten Gerichte akzeptieren. Ein Forschungsergebnis ist „Beweis“.

*) Nach einer kürzlich erfolgten Meldung ist Dr. Repacholi zurück getreten.

Von Hans-U. Jakob

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