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Anleitung für gesundheitsbewusste Gemeindebehörden

Anleitung für gesundheitsbewusste Gemeindebehörden

Die Gemeinde Wil SG gibt Anleitung, wie unerwünschte, krankmachende Mobilfunkantennen in Wohngebieten legal verhindert werden können. Eine feine Sache, die sich alle Gemeindebehörden merken müssen, die im Glauben sind, dort wo die vom Bundesgericht heilig gesprochenen Grenzwerte eingehalten seien, liesse sich gar nichts mehr machen. (Vorspann Gigaherz)

Heinz Kunz im St. Galler Tagblatt von Donnerstag, 23. Juni 2005

Stadtrat will die rechtlichen Möglichkeiten der Gemeinde beim Entscheid über
Mobilfunk-Antennen ausschöpfen.

Der Stadtrat will das Wiler Baureglement so abändern, dass künftig die
maximale Höhe nicht nur für Bauten, sondern auch für Anlagen vorgeschrieben
ist. Unter ?Anlagen? fallen auch Antennen.

Die Kompetenz der Gemeinde ist bei der Bewilligung bzw. Ablehnung von
Gesuchen für Mobilfunk-Antennen sehr gering. Die Strahlengrenzwerte regelt
der Bund mit der 1999 erlassenen Verordnung über den Schutz vor
nicht-ionisierender Strahlung (NISV). Die planungs- und baurechtliche
Zuständigkeit richtet sich nach kantonalem und kommunalem Recht. Für Bauten
ausserhalb der Bauzone gelten die Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes.

Einen Experten beigezogen
An der gestrigen Medienorientierung sagte der zustände Stadtrat Beda
Sartory: ?Mit einer Motion – sie wurde später in ein Postulat umgewandelt –
wurde der Stadtrat beauftragt, Massnahmen zur Standortregelung von
Mobilfunk-Antennen zu erlassen und allenfalls das Baureglement entsprechend
zu ergänzen.? Die Fraktion Grüne Prowil hatte konkret gefordert, dass
Baugesuche ein Versorgungskonzept und einen Bedarfsnachweis umfassen
müssten. ?Um die rechtlichen Möglichkeiten der Gemeinde abzuklären, wurde
ein St.Galler Rechtsanwalt als externer Experte beauftragt?, sagte Sartory.
Die Mobilfunk-Versorgung stelle eine öffentliche Aufgabe dar. Baugesuche
müssten bewilligt werden, sofern sie zonenkonform seien und den
Strahlengrenzwerten entsprächen. ?Auf Grund der rechtlichen Abklärungen?, so
Sartory weiter, ?besteht einzig im Bereich der allgemeinen baurechtlichen
Bestimmungen ein indirekter Handlungsspielraum.?

Spielraum ausschöpfen
Der Stadtrat will diesen Spielraum ausschöpfen, indem er das Baureglement so
ergänzt, dass die ?Anlagen? (Antennen gehören zu diesen) analog zu den
Bauten ebenfalls durch die Firsthöhe beschränkt werden. Da Anlagen oft auf
dem Gebäudedach vorgesehen sind, wird eine zusätzliche Bestimmung
aufgenommen, so dass auch Dachaufbauten die zulässige Firsthöhe nicht
überschreiten dürfen. Mit solchen Höhenbeschränkungen sollen
Mobilfunk-Antennen in Wohnzonen weitgehend faktisch ausgeschlossen sein.
?Der Stadtrat ist sich jedoch bewusst, dass diese Vorschriften keinen
absoluten Schutz bieten, um Mobilfunk-Antennen oder andere Anlagen zu
verhindern?, sagte Beda Sartory. Zudem hänge die Wirkung der baulichen
Einschränkung auch von der weiteren technischen Entwicklung ab.

Planungszone erlassen
Um zu verhindern, dass trotz der eingeleiteten Reglementsänderung – die
30-tägige Auflagefrist beginnt am Montag – noch weitere Baugesuche nach den
bisherigen Vorschriften beurteilt werden, hat der Stadtrat über das ganze
Gemeindegebiet eine so genannte ?Planungszone? erlassen. Dies bedeutet, dass
während des politischen und rechtlichen Verfahrens für die
Reglementsänderung Baugesuche für Mobilfunk-Antennen nur dann bewilligt
werden, wenn sie der Neuregelung bereits entsprechen. Bereits bewilligte
Antennen sind davon nicht betroffen. Die Planungszone gilt bis zum
Inkrafttreten der Änderung im Baureglement, längstens jedoch für drei Jahre.

700 Einsprachen

Wörtlich sagte Beda Sartory, Stadtrat Ressort Bau und Umwelt:
„Es ist unbestritten, dass das Mobiltelefon einen Teil der Grundversorgung
darstellt und heute nicht mehr wegzudenken ist. Der auf Grund der neuen
Technologien ausgelöste Bau von weiteren Mobilfunk-Antennen in dicht
besiedeltem Gebiet löst jedoch in weiten Teilen der Bevölkerung Unmut aus.
Und diesen Unmut der Bürger nehmen wir ernst. Gegen Baugesuche für
Mobilfunk-Antennen werden jeweils Hunderte von Einsprachen eingereicht, beim
letzten Gesuch waren es 700.“

Von Hans-U. Jakob

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