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Mustereinsprache gegen Aufrüstung Höchstspannungsleitung Chippis-Bickigen

Erster Abschnitt der 380-kV-Leitung betroffenDie Leitung weist eine Länge von 106km auf und führt durch folgende 43 Gemeinden

Kanton Wallis: Sierre, Salgesch, Valen, Inden, Leukerbad

Kanton Bern: Kandersteg, Kandergrund, Frutigen, Reichenbach i.K., Aeschi,  Wimmis, Spiez, Reutigen, Zwieselberg, Stocken-Höfen, Pohlern, Uebeschi, Thierachern, Gurzelen, Seftigen, Uetendorf, Noflen, Forst-Längenbühl, Uttigen, Kiesen, Oppligen, Brenzikofen, Herbligen, Oberdiessbach, Linden,  Niederhünigen, Oberhünigen, Mirchel, Zäziwil, Bowil, Oberthal, Arni, Landiswil,  Lützelflüh, Hasle, Rüegsau, Heimiswil, Wynigen

Wer ein schutzwürdiges Interesse gegen dieses Projekt hat und davon besonders berührt ist, indem sie oder er in einer der obgenannten 43 Gemeinden in der Nähe dieser Leitung tätig oder wohnhaft ist oder dort Grundeigentum besitzt kann noch bis zum 14. Dezember eine Einsprache deponieren

Weil die Sache umfangreiche Sachkenntnisse erfordert, stellt der Verein Gigaherz die nachfolgende einfache Mustereinsprache zur Verfügung. Wer keine Einsprache erhebt, ist von allen nachfolgenden Verfahren ausgeschlossen.


Mustereinsprache:

Hier Absender und Datum einsetzen


Einschreiben

An das
Eidgenössische Starkstrominspektorat
Planvorlagen
Luppmenstrasse 1
8320 Fehraltorf


Einsprache gegen das Projekt
L-076930 380 kV-Freileitung zwischen Chippis (VS) und Bickigen (BE), Gemmi-Leitung, Swissgrid TR 1530
– Spannungserhöhung von 230 auf 380kV und Modernisierung der bestehenden Leitung.

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen das obgenannte Projekt erheben wir/ich fristgerecht Einsprache mit dem Antrag das Projekt sei in der vorliegenden Form nicht zu genehmigen
Begründung:

A) Rechtsverweigerung
Die auf den 43 Gemeindeverwaltungen aufgelegten Projektunterlagen umfassen je 18 (achtzehn!) Bundesordner. Es ist Normalbürgerinnen und Normalbürgern schlicht unmöglich, diese innerhalb der gesetzten Frist von 30Tagen auf der Gemeindeverwaltung durchzulesen und ohne Beizug eines Sachverständigen zu verstehen.
Dazu kommt die Vorweihnachtszeit mit zahlreichen andern Verpflichtungen. Die Gemeindebehörden sind zudem in den meisten betroffenen Gemeinden mit der Durchführung der Dezember-Gemeindeversammlungen voll ausgelastet und finden kaum Zeit, sich mit diesem ausserordentlich umfangreichen Projekt zu befassen.
Es ist auch für einen Sachverständigen vollkommen unmöglich, sich innerhalb von 20 Arbeitstagen mit allen 43 Gemeindegebieten zu befassen und die dortigen Anwohner zu beraten.
Das Ganze sieht nach einer Rechtsverweigerung aus, mit dem Ziel, das Projekt möglichst ohne Einsprachen, das heisst, ohne Anhörung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger durchzupauken.
Ich/wir beantragen deshalb, eine ergänzende Beschwerdefrist zwecks vertiefender und zusätzlicher Argumentation gemäss Art.53 Verwaltungsverfahrensgesetzes SR 172 021.
Ich/wir beantragen deshalb es sei allen Einsprechenden eine Frist von 3 Monaten für ergänzende Eingaben zu dieser einfachen Einsprache zu gewähren

B) Das Projekt ist aus unserer/meiner Sicht nicht glaubwürdig:
Ohne massiven Einsatz von Wasserkraftstrom aus dem Kanton Wallis ist die vorgesehene Energiewende, vor allem die Abschaltung des Atomkraftwerks Mühleberg im Jahre 2019, sowie die spätere Abschaltung weiterer Atomkraftwerke, nicht realisierbar.
Im Kanton Wallis steht für die Eigenversorgung des Landes mehr als genügend Wasserkraftstrom zur Verfügung. Die Gesamtleistung der Walliser Wasserkraftwerke Mattmark, Grand-Dixance, Nant de Drance und Hongrin-Léman beträgt zusammen 3440Megawatt. Das ist 9.2mal mehr als das AKW Mühleberg mit seinen „nur“ 373Megawatt zu leisten vermag.
Diese geballte Energiemenge nützt nichts, wenn die Transportwege dazu ins Schweizer Mittelland viel zu knapp geworden sind.
Dass etwas geschehen muss, wird von uns nicht bestritten, wir verlangen jedoch von der Elektrizitätswirtschaft gesundheitsverträgliche Lösungen.

Swissgrid möchte jetzt in einem ersten Schritt auf der bestehenden Gemmileitung, welche auch durch unser Gemeindegebiet führt, die Spannung von 220Kilovolt auf 380Kilovolt erhöhen.
Dazu ist zu sagen, dass sich die Transportleistung einer Hochspannungsleitung in Megawatt immer mit der Spannung in Kilovolt (kV) multipliziert mit dem Strom in Kiloampère (kA) rechnet. Man hat also die Möglichkeit entweder die Spannung oder den Strom, oder wenn erforderlich beide Grössen, zu erhöhen.
Da bei einer Erhöhung des Stromes dickere und schwerere und somit teurere Seile aufgehängt werden müssen, hat sich Swissgrid dazu entschlossen, vorerst einmal die Spannung von 220kV auf 380kV zu erhöhen, nicht aber den heute möglichen Strom.

Die Spannungserhöhung auf 380kV stellt allein keine bekannten gesundheitliche Probleme dar. Die bekannten Gesundheitsprobleme werden nicht durch die elektrischen, sondern durch die magnetischen Felder verursacht. Und die Magnetfelder sind nicht von der Spannung in kV abhängig sondern vom Strom in Ampère oder Kiloampère.
Swissgrid verspricht den Anwohnern, nach Ausführung des 380kV-Projekts den Strom von heute 1920Ampère auf 1500Ampère zu reduzieren. Was wir angesichts der gewaltigen, zu transportierenden Energiemengen überhaupt nicht für glaubwürdig halten.
Um die im Wallis anstehende Kraftwerksleistung von 3440Megawatt mit einer Spannung von 380kV ins Mittelland zu transportieren müsste eine 2-strängige Leitung von je 3250Ampère oder 6500Ampère einsträngig gebaut werden.
Wie Swissgrid das zweisträngig mit nur 1500Ampère pro Strang schaffen will, ist höchst fragwürdig.
Es ist viel eher damit zu rechnen, dass nach dem geplanten Seiltausch die verwendeten neuen Seile die mit dem Normquerschnitt von 650mm2 in Zweierverseilung, einen Strom von 2240Ampère pro Strang zulassen, auch ausgenutzt werden. Seilnorm AL1/ST1A nach Euronorm 50182:2001(1)
Damit könnte die Transportleistung der Leitung bei 2-strängigem Betrieb nämlich auf 2116 Megawatt gesteigert werden, was der zu transportierenden Kraftwerksleistung von 3440Megawatt schon bedeutend näher kommen würde.

Eine für 2240Ampère pro Strang konzipierte Leitung mit nur 1500Ampère pro Strang zu betreiben ist kaum wirtschaftlich und die Erhöhung des Stromes auf 2240Ampère kann später ohne jede Änderung der Leitung nachgeholt werden.

C) Erwartete gesundheitliche Auswirkungen:
Die Masseinheit für das niederfrequente Magnetfeld, wie von Hochspannungsleitungen oder Trafostationen ausgehend, ist das Mikrotesla. Abgekürzt µT.
Zahlreiche wissenschaftliche Studien und Erfahrungswerte deuten darauf hin, dass das Krebsrisiko bereits bei 0.3Mikrotesla auf das 3- bis 4-fache ansteigt. Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche, wo ein stark erhöhtes Leukämierisiko zu beobachten ist.
Eine verharmlosende Diskussion über diese Werte erübrigt sich. Die internationale Krebsagentur der WHO, die IARC, hat anlässlich ihrer Konferenz vom Juni 2001 niederfrequente Magnetfelder ab 0.4Mikrotesla und höher auf Stufe 2B, das heisst, Krebsentstehung möglich, gesetzt.  Siehe: IARC MONOGRAPHS ON THE EVALUATION OF CARCINOGENIC RISKS TO HUMANS; Volume 80 (Lyon 2001) 430 Seiten Englisch.

Krebs ist keine eingebildete Krankheit !

D) Geltendes Recht wird nicht eingehalten
Der Grenzwert in der Schweiz beträgt an Orten gemessen, an welchen sich Menschen längerfristig aufhalten, wie in Wohnungen, Arbeits- und Schulräumen, für das von einer Hochspannungsleitung oder einer Trafostation erzeugte Magnetfeld = 1 Mikrotesla.
Siehe Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) Anhang 1, Ziffer.14, gültig seit Februar 2000

Bei einer 2-strängigen Hochspannungsleitung von 1500Ampère (wie Chippis-Bickigen) ist der dazu erforderliche Abstand ca. 45m. Bei 2240Ampère wären es ca. 75m und bei 3250Ampère ca. 100m.
Eine Dämpfung durch Gebäudewände oder Dächer findet bei niederfrequenten Magnetfeldern nicht statt. Die Abschirmung von Häusern ist teurer als der gesamte Hausbau.

Für Leitungen die vor dem Jahr 2000 erstellt wurden, gilt eine sogenannte Besitzstandgarantie. Werden solche Leitungen jedoch massiv geändert, gilt auch hier 1 Mikrotesla. Denn das Bundesgericht hat mit Urteil 1C 172/2011 vom 15. November 2011 das blosse Gebot in Art.9 lit. a NISV, dass mit einer Änderung lediglich keine Verschlimmerung herbeigeführt werden dürfe, aufgehoben. Das Bundesgericht hat bestimmt, dass bei massiven Aenderungen alter Leitungen, gemäss Umweltschutzgesetz gleichzeitig eine Sanierungspflicht bestehe, bei welcher der 1-Mikrotesla Grenzwert anzuwenden sei

Swissgrid versucht jetzt trotz bundesgerichtlicher Anweisung, eine massive Änderung einer alten Leitung mit unwesentlichen Senkungen des Magnetfeldes durchzubringen.

Es gibt trotz aufwändiger „Sanierung“ auf der gesamten Strecke von 106km immer noch 128 (186) Orte empfindlicher Nutzung (wie Wohnungen, Arbeits- oder Schulräumen) die über 1Mikrotesla zu liegen kommen.
59 bis 2 Mikrotesla (72)
64 bis 5 Mikrotesla (69)
5 bis 10 Mikrotesla (29)
0 mit über 10 Mikrotesla (16)

Die Zahlen in Klammern bedeuten die Werte vor der Änderung. Diese Angaben stammen aus dem Umweltverträglichkeitsbericht der Firma Sigmaplan. Ob diese verlässlich sind, ist fragwürdig. Denn Sigmaplan steht in einem Auftragsverhältnis zu Swissgrid und ist deshalb nicht als neutral einzustufen.

Angesichts des hohen Krebsrisikos, vorab des hohen Leukämierisikos bei Kindern ab 0.3-0.4Mikrotesla dürfen wir uns mit dem erschütternden Resultat, dass 128 Orte empfindlicher Nutzung  immer noch massiv über den Grenzwert von 1 Mikrotesla zu liegen kommen, 64 Orte sogar bis 5 Mikrotesla, nicht zufrieden geben. Das betrifft immerhin über 500 gefährdete Menschenleben

Mehr zum Krebsrisiko findend en Sie hier unter
https://www.gigaherz.ch/hochspannungsleitungen-und-krebs-1659/
in einem beweiskräftigen Artikel vom 7.11.2010

Die Sanierung besteht lediglich aus der Erhöhung der Spannung von 220 auf 380 kV, aus einem Seiltausch im Massstab 1:1, Aus der Auswechslung der Isolatoren, aus der Verstärkung der Mastfundamente und lediglich an den 45 Orten mit über 5 Mikrotesla aus einer Erhöhung der Masten um 2-6m, zwecks Minimierung auf 5Mikrotesla.
Minimierung auf 5 Mikrotesla bei einem 3-4fachen Krebsrisiko bereits ab 0.3-0.4 Mikrotesla. Zynischer geht es wohl kaum mehr!

Obige Zahlen betreffend dem Krebsrisiko sind immer mit einem Strom von 1500Ampère gerechnet. Was von uns als unglaubwürdig betrachtet wird, da die verwendeten neuen Seile mit dem Normquerschnitt von 650mm2 in Zweierverseilung, wie oben ausgeführt einen Strom von 2240Ampère zulassen. Seilnorm AL1/ST1A nach Euronorm 50182:2001(1)

FAZIT:
Wir verlangen deshalb an allen Orten empfindlicher Nutzung eine Absenkung der Magnetfeldbelastung auf unter 1Mikrotesla, auch wenn diese nur mit einer Verschiebung der Leitung oder mit einer teilweisen Erdverlegung erreicht werden kann.

Wie stark mein Wohnort, mein Arbeitsort, meine Liegenschaft  oder meine unüberbaute Bauparzelle (nicht zutreffendes bitte Löschen) vom Umbau der Leitung Chippis-Bickigen betroffen ist, wird sich nach der Untersuchung durch unseren/meinen Sachverständigen herausstellen.
Ich/wir behalten uns vor, diese Einsprache nachträglich noch zu ergänzen und zu präzisieren.

Mit freundlichen Grüssen,

Unterschrift/en

 

Erläuterungen:

Zweierverseilung
Bild oben: Erläuterungen zu Kapitel B. Im Bild befindet sich eine zweisträngige Hochspannungsleitung in Zweierverseilung. Strang 1 befindet sich links vom Mast und Strang 2 rechts von diesem. Zweierverseilung heisst, dass am selben Isolator 2 Seile aufgehängt sind. Es gibt andernorts auch Dreier- und Viererverseilungen.

Siehe auch:
https://www.gigaherz.ch/380kv-chippis-bickigen-brief-an-die-gemeinderaete/
und
https://www.gigaherz.ch/380kv-leitung-chippis-bickigen/
und
https://www.gigaherz.ch/frauen-power-im-wallis/

Zum Verfasser dieser Mustereinsprache:
https://www.gigaherz.ch/hochspannunsleitung-wattenwil-muehleberg/
und
https://www.gigaherz.ch/hochspannungsleitung-mettlen-amsteg/

Von Hans-U. Jakob

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