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Grenzwerterhöhung – Die Wahnsinnsidee einiger Motionäre

Voraussichtlich am Montag, 5. März kommt im Ständerat erneut eine Motion zur Abstimmung, welche vom Bundesrat ultimativ verlangt, dass der Strahlungs-Grenzwert für Mobilfunkantennen um das Dreifache hinaufgesetzt (verschlimmert) werden soll. Und der zur Zeit von der Wirtschaft dominierte Bundesrat hat bereits Zustimmung signalisiert.

Von Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
Dieser Artikel erschien erstmals am 31.Mai 2016
und wird am 22.2.2018 aus aktuellem Anlass erneuert

Da zur Zeit im Parlament auch noch eine rechtsbürgerlich-wirtschaftspolitische  Mehrheit vorhanden ist, ist zu befürchten, dass dieser Auftrag an den Bundesrat ziemlich schlank durchgewunken und der Bundesrat die entsprechenden Änderungen  der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung an die Hand nehmen wird.
Dagegen steht uns ein Rechtsmittel zur Verfügung. Nämlich die Prüfung durch das Bundesgericht, ob die Verordnungsänderung überhaupt höhergestellten Bundesgesetzen entspricht.  Und das tut sie aus unserer Sicht eindeutig nicht.

Denn die Behauptung der Motionäre, die Schweiz habe 10mal strengere Grenzwerte als die umliegenden EU-Staaten stimmt schon einmal gar nicht, wie dies die nachfolgenden Bilder deutlich und unmissverständlich aufzeigen.
Grenzwerterhoehung-1
Bild 1: Ein Mobilfunksender hat in der Regel 3 solcher Senderichtungen das heisst Antennen. So dass alle 3 Antennen einen Kreis von 360 Grad abdecken. Der scheinwerferähnliche Strahlenkegel hat in der Regel erst nach 150 bis 250m Bodenberührung. Ob die Antennen auf einem freistehenden, ca 25m hohen Mast oder auf einem 3-6m hohen Mast auf einem Hausdach angebracht sind, spielt dabei keine Rolle. Wichtig dabei ist einzig die Höhe der Antennen über Grund.
Farbskala zu den nachfolgenden 3D-Bildern:
dunkelrot: über 9V/m; orange: bis maximal 5V/m; grün-gelb: bis 3V/m; weiss: bis 1V/m; hellblau: bis 0.5V/m; dunkelblau: bis 0.1v/m

Grenzwerterhoehung-2
Bild 2: Die EU-Staaten kennen gar keinen Anlagegrenzwert wie die Schweiz. Sondern lediglich einen Immissionsgrenzwert welcher  je nach Frequenzlage 40 bis 60V/m beträgt. Hier dürfen sich Menschen auch nicht kurzzeitig aufhalten. Auch keine Dachdecker, Kaminfeger, Hauswarte oder Feuerwehrleute. Diese Zone wird Sicherheitsabstand genannt und endet 4-10m vor oder 1-2m unter halb der Antenne. Ein Vergleich mit den Schweizer Anlage-Grenzwerten ist schon von da her unzulässig.
Grenzwerterhoehung-3
Bild 3: Der 10mal tiefere Anlage- oder Vorsorgewert der Schweiz gilt nur dort wo sich Menschen dauernd aufhalten müssen, weil sie da wohnen. Hier ist die Strahlung schon aus rein physikalischen Gründen 10mal tiefer. Das hat mit Vorsorge rein gar nichts zu tun. Diese Reduktion findet im Ausland in genau demselben Ausmass statt. Das sind rein technisch-physikalische Gründe, bedingt durch die Distanz, durch die Abweichung zur Senderichtung (sowohl horizontal wie vertikal) und/ oder durch die Gebäudedämpfung. Die Gebäudedämpfung ist vor allem in Wohnungen zu beachten die unterhalb des Strahlenkegels liegen und eine oder mehrere Betondecken über sich haben.

FAZIT: Die Behauptung, die Schweiz habe für nichtionisierende Strahlung im Mobilfunkbereich 10mal strengere Grenzwerte als das europäische Umland ist als der grösste Schwindel zu bewerten, welcher der Schweizer Bevölkerung je aufgetischt wurde.

Die Folgen einer „moderaten Erhöhung der Strahlungs-Grenzwerte „nur“ um Faktor 3, wie dies die Motionäre vorschlagen wäre für die Schweizer Bevölkerung verheerend.
Denn in der Schweiz werden die Grenzwerte nicht in Watt pro m2 angegeben, sondern in V/m (Volt pro Meter)

Grenzwerterhoehung-4
Bild 4: Man kann sich das elektromagnetische Feld, welches einem aus einer Antenne entgegenströmt, als aufgestelltes Quadrat vorstellen. Eine Seite des Quadrats ist die elektrische Feldstärke in V/m (Volt pro Meter) und die andere Seite, die magnetische Feldstärke in A/m (Ampère oder Milliampère pro Meter). Beide Seiten miteinander multipliziert ergeben den Inhalt des Quadrates. Nämlich die Leistungsflussdichte in W/m2 (Watt pro Quadratmeter)

Grenzwerterhoehung-5
Bild 5: Wenn wir nun die elektrische Seite verdoppeln, wächst die Leistungsflussdichte um das 4-Fache, was einer 4-fachen Sendeleistung entspricht.
Oder umgekehrt, wenn die Mobilfunkbetreiber die Leistung ihres Senders vervierfachen, steigt wohl die Leistungsflussdichte in W/m2 um das 4-Fache an. Aber  die elektrische Feldstärke in V/m, an welcher sich die Schweizer Grenzwerte orientieren nur um das 2-Fache.

Grenzwerterhoehung-6
Bild 6: Die Wahnsinnsidee der Motionäre, den Schweizer Anlage- oder Vorsorgewert in V/m nur „moderat“ um Faktor 3 zu erhöhen (da im Ausland angeblich ohnehin 10 mal mehr erlaubt sei) würde den Mobilfunkbetreibern erlauben, ihre Sendeleistungen um das 9-Fache zu erhöhen. Also praktisch zu verzehnfachen.
Das natürlich nicht nur mit den bestehenden Funkdiensten GSM und UMTS. Es würden dann pro Standort einfach mehr Antennen montiert. Für den neuen Funkdienst LTE (4G) und die in Entwicklung befindliche 5. Generation.

Mit den angestrebten 9 bis 10-fach höheren Sendeleistungen hätten wir dann in der Schweiz nicht nur die höchste Belastung der Bevölkerung Europas, sondern die höchste der ganzen Welt. Und dies gilt es mit allen rechtlichen und politischen Mitteln zu verhindern.

Sehen Sie sich dazu auch folgende Beitrage an:
https://www.gigaherz.ch/mobilfunkstrahlung-sichtbar-gemacht-2/
und
https://www.gigaherz.ch/der-schweizer-grenzwertschwindel/
und sehr empfehlenswert
https://www.gigaherz.ch/wp-content/uploads/2015/04/Der-Schweizer-Grenzwertschwindel-Neuauflage.pdf

Frühere Artikel zum Thema:
https://www.gigaherz.ch/angriff-auf-die-grenzwerte/
und
https://www.gigaherz.ch/nationalrat-ruedi-nosers-husarenritt-gegen-lausanne/
oder
https://www.gigaherz.ch/das-konzept-zum-emf-monitoring-ein-schlechter-silvesterscherz-des-bundesrates/

Anmerkung des Autors:
Man kann das alles viiiiel komplizierter erklären. Mit Formeln und Abhandlungen, dass es Ottilia und Otto Normalbürger so richtig schwindlig wird. Ganz einfach mit dem Ziel die Bevölkerung für dumm hinzustellen oder zumindest soweit zu verunsichern, dass sich niemand mehr etwas zu sagen getraut. Wie einst jener Luzerner Bürger, welcher zum Schluss kam, man solle die Planung der Mobilfunknetze doch denjenigen überlassen, die etwas davon verstünden. Nämlich Swisscom, Sunrise und SALT.
Dass diese jedoch mit ihrem Geschäft Milliarden einsacken, hat er zu erwähnen vergessen.

Wer sich trotzdem mit Formeln herumschlagen möchte, bitte sehr. Die gibt es auch bei uns und zwar seit 17 Jahren:
https://www.gigaherz.ch/media/PDF_1/Umrechnungsformeln.pdf

Von Hans-U. Jakob

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