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Bundesgericht: Kein Antennenmonster in Ifwil TG

13 Anwohnerinnen und Anwohner haben sich mit Hilfe der NIS-Fachstelle von Gigaherz.ch bis vor Bundesgericht durchgesetzt.

Von Hans-U. Jakob
Schwarzenburg, 25.4.2015

Damit die 87‘000 Handynutzer die täglich in Intercity- und Regionalzügen auf der Linie Zürich – St.Gallen am Thurgauer Weiler Ifwil vorbeiflitzen und gebannt auf ihre I-Phönchen starren, ja nicht plötzlich Mattscheibe haben, wollte Swisscom im Weiler Ifwil ihre Mobilfunkantenne auf die rund 4-fache Leistung aufrüsten und einen neuen, 21m hohen Sendemast errichten.
Dagegen setzten sich 13 Anwohner und Anwohnerinnen mit Hilfe der NIS-Fachstelle von Gigaherz.ch durch alle Instanzen hindurch bis vor Bundesgericht mit folgender Argumentation zur Wehr:

Die Anlage sei nicht zonenkonform, da diese mit ihrer enormen Sendeleistung von total 4300Watt ERP der vom Bundesgericht für Wohnzonen geforderte funktionelle Zusammenhang völlig fehle. Für die kleinräumige Weilerzone von Ifwil mit ihren 0.08 Quadratkilometern würde ein kleiner Rundstrahler mit einer Leistung von 6Watt ERP vollauf genügen. Während die geplante Antenne volle 2.4Quadratkilometer abdecke und in erster Linie für die Bahnpassagiere gedacht sei.

Ifwil-1Zudem störe der 21m hohe Mast mit seinen futuristischen Antennenkörpern, das ländliche Ortsbild erheblich. Ganz besonders das unter Denkmalschutz stehende Thurgauer Riegelhaus. (Photomontage im Bild links)

Und des Weiteren stünde ein Ersatzstandort im 700m entfernten Unterwerk der Elektrizitätsversorgung des Kantons Thurgau zur Verfügung.

Swisscom hielt dem entgegen, die Beschwerdeführenden seien gar nicht in der Lage die Anzahl der täglich vorbeifahrenden Züge zu erfassen, geschweige denn die Anzahl Passagiere zu zählen. Und Swisscom könne nichts dafür, dass die Strahlung am Rand der Weilerzone nicht halt mache. Die Anlage diene vorwiegend den 35 Häusern von Ifwil.

Die Photomontage, welche die Beschwerdeführenden erstellt hätten, sei eine plumpe Fälschung.
Und des Weiteren seien die Beschwerdeführenden gar nicht befugt, irgendwelche Vorschläge für Ersatzstandorte zu machen. Swisscom müsse diese erst gar nicht prüfen.

Gewonnen !
Nun haben die Beschwerdeführenden, die nach Ansicht der Swisscom-Anwälte nicht einmal Züge zählen, geschweige denn Reichweiten von Mobilfunksendern  berechnen können und Photomontagen fälschen, wie schon vor dem Thurgauer Verwaltungsgericht, auch noch vor dem Bundesgericht Recht bekommen. Urteil 1C_265/2014 (bei der Veröffentlichung dieses Beitrages noch nicht publiziert)

Achtung: Das Urteil arbeitet mit umgekehrten Vorzeichen. Da  Swisscom bereits vor dem Thurgauer Verwaltungsgericht verloren hatte, zog Swisscom das Verwaltungsgerichtsurteil trotz geringer Erfolgsaussichten noch an das Bundesgericht weiter. Somit wird im Bundesgerichtsurteil die Swisscom als Beschwerdeführerin genannt. Denn das Verwaltungsgericht TG hatte sich auf insgesamt 26 Seiten ausserordentlich Mühe gegeben, den Sachverhalt richtig darzustellen. Swisscom blieb jedoch ihrer Devise treu, schon rein aus Abschreckungsgründen gegen „renitente“ Anwohner , jeden für sie noch so hoffnungslosen Fall bis vor Bundesgericht zu schleppen. Siehe auch https://www.gigaherz.ch/lichtblicke/

Das Verfahren bis vor Bundesgericht dauerte vom März 2011 bis April 2015, also volle 4 Jahre und kostete die Swisscom mehrere zehntausend Franken. Und die Anwohner praktisch nichts als Durchhaltevermögen und etliches an Nervensubstanz und vielleicht noch eine kleine freiwillige Spende.

Mit e-mail von heute 25.4.2015 schrieb die Schriftführerin der Anwohner, von den Mobilfunkbetreibern im Hintergrund liebevoll „Rädelsführerin“ genannt:
„Wir wissen, ihre Fachkompetenz und Hilfsbereitschaft sehr zu schätzen und danken Ihnen nochmals ganz herzlich. Gerne werden wir eine Spende auf das Konto von www.gigaherz.ch machen.“

Urteil gilt landesweit
Mit einem Schaden von ein paar Zehntausend Franken wird es indessen für Swisscom und die übrigen Mobilfunkbetreiber nicht getan sein. Denn ein Bundesgerichtsurteil hat jeweils für das ganze Land Gültigkeit. Somit ist der Aufstellung und Hochrüstung von Mobilfunksendern in Weilern und Einzelhöfen zum Zweck der Bahnversorgung , wie dies massenhaft vorgesehen ist, vorerst ein Riegel geschoben.
Siehe https://www.gigaherz.ch/perverser-geht-es-nicht-mehr/

Ifwil-2Bild links: Der von den Anwohnern vorgeschlagene und von Swisscom verschmähte Ersatzstandort. Das 700m entfernte Unterwerk der Elektrizitätsversorgung EKT.

Von Hans-U. Jakob

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