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Ahnungslose Baubewilligungsbehörden

Bei den Baubewilligungsbehörden für Mobilfunkanlagen besteht ein katastrophaler Mangel an Fachwissen.

von Hans-U. Jakob
Schwarzenburg, 16.1.2015

In den meisten Kantonen der Schweiz entscheiden über die Baugesuche der Mobilfunkbetreiber  in erster Instanz die Bauverwalter oder Bauverwalterinnen der Gemeinde. Entweder zusammen mit dem zuständigen Gemeinderatsmitglied (Ressortleiter) oder dem Gesamtgemeinderat. In kleineren Gemeinden, die keine eigene Bauverwaltung führen, entscheiden die Regierungsstatthalter des Amtsbezirks oder im Kanton Freiburg die Oberamtmänner. Oberamtfrauen gibt es noch keine.

Schloss ErlachIm Bild: Regierungsstatthalter und Oberamtmänner residieren gerne in alten Schlössern, ziemlich abgehoben von gewöhnlichen Volk.

So ein Baugesuch besteht nebst den Bauplänen noch aus einem ca. 30-seitigen Standortdatenblatt, aus den Antennendiagrammen und einem Übersichtsplan (Grundbuchauszug im Masstab 1:1000) mit eingetragenen Senderichtungen und eingetragenen Orten empfindlicher Nutzung und dem eingetragenen Anlagenperimeter. Bei Baugesuchen ausserhalb der Bauzonen kommen noch Netzabdeckungskarten hinzu, die beweisen sollen, dass nur gerade dieser und ja kein anderer Standort, etwa innerhalb einer Bauzone,  in Frage komme.

Begreiflicherweise hört das Mobilfunk-Fachwissen eines Bauverwalters oder Gemeinderates gleich nach den Bauplänen auf. Mit den Standortdatenblättern können die Meisten gar nichts anfangen und mit den Antennendiagrammen noch viel weniger. In einem Gesamtgemeinderat mag es hie und da vorkommen, dass eine/r noch gerade den Hauch einer Ahnung hat, um was es gehen könnte. Katastrophal sieht es jedoch auf den Regierungsstatthalterämtern resp. Oberämtern aus, wo völlig praxisfremde Juristen das Sagen haben.
Diese können meistens 200 Bundesgerichtsurteile auswendig zitieren, aber was ein Antennendiagramm ist, und wozu man das benötigt? Keinen blassen Schimmer!

Das ist mitnichten eine Übertreibung. Hat doch da kürzlich das Bundesgericht ein Antennenprojekt an das Oberamt zurückgewiesen, weil die Antennendiagramme unerlaubte Hüllkurven enthielten.
Wie soll ein Regierungsstatthalter oder Oberamtmann in den Antennendiagrammen unerlaubte Hüllkurven erkennen, wenn er nicht einmal weis, was ein Antennendiagramm überhaupt ist.
Im geschilderten Fall haben die Einsprechenden einfach neue Standortdatenblätter ohne Antennendiagramme erhalten. Die Reklamation beim Oberamt ergab, man wisse überhaupt nicht wovon da gesprochen werde…..

Arg ins Schleudern geraten Baubewilligungsbehörden der unteren Instanzen, wenn die Baueinsprachen der Anwohner  mit Hilfe der NIS-Fachstelle von Gigaherz geschrieben wurden. Da stehen meist Fachausdrücke drin, von welchen sie noch nie im Leben etwas gehört haben.
Mit Ausdrücken wie Sektorantennen, Mehrbandantennen, Antennengewinn und dem Unterschied von der Eingangs- zu der abgestrahlter Leistung einer Antenne oder von Dämpfungsfaktoren horizontal und vertikal oder der Gebäudedämpfung, sind sie hoffnungslos überfordert.
Und spannend wird es, wenn sie beweisen sollten, dass mit Messeinrichtungen die mit Ungenauigkeiten von ±45% behaftet sind, Abnahmemessungen an OMEN durchführen lassen sollten, die nur gerade 1% unter dem Grenzwert liegen.

Da werden die einen dann echt hässig und geben in den Einsprache-Abweisungen zu Papier, die Vorbringungen der Einsprechenden seien unsubstanziiert. Das „unsubstanziiert“ kommt immer da, wo es eigentlich heissen sollte: „Davon habe ich doch keine Ahnung.“
Es kommt tatsächlich vor, dass Regierungsstatthalter nicht in der Lage sind, die Sendeleistungen in Watt von 3  Antennen zu addiere, die in derselben Richtung strahlen. Nicht dass sie etwa nicht in der Lage wären drei 4-stellige Zahlen zusammenzuzählen. Nein, sie wissen schlicht nicht, welche im Stabdortdatenblatt enthaltenen Werte sie nehmen müssten. Die Ausrede heisst dann meistens, die Ergebnisse der Einsprechenden seien reine, unbewiesene Parteibehauptungen.

Die Andern machen sich ihre Untersuchungspflicht noch leichter, indem sie einfach alles den Einspracheantworten der Mobilfunkbetreiber abschreiben. Natürlich inklusive aller Fehler und Unwahrheiten (sprich Lügen). Meist wortwörtlich. So dass man annehmen darf, sie hätten sich den Text elektronisch zustellen lassen, um nicht noch alles abtippen zu müssen.

Wenn es nicht zum Weinen wäre, könnte man über die meisten  erstinstanzlichen Verfügungen und Baubewilligungen laut lachen. Aber eben, ein Weiterzug an die nächste Instanz, in den meisten Kantonen ist das der Regierungsrat, ist man dann im Falle des Verlierens kostenpflichtig. Das kann von 4000 bis 7000 Franken gehen. Und die Rechtsdienste der kantonalen Regierungsräte tun meistens alles, um die Fehlentscheide der Vorinstanz zu decken. Das könnte sonst ihrer Karriere ganz schön schaden.
Wer dann noch Geld hat, darf an das Verwaltungsgericht des Kantons gelangen. Das ist dann diejenige Instanz, wo die erste Aussicht auf Erfolg besteht. Aber erst nachdem die Einsprechenden nochmals 4000 bis 7000 Franken Kosten riskiert haben.

Das Schlimme an der Sache ist, dass die Baubewilligungsinstanzen anhand der Steuerunterlagen als Erstes abklären ob die Einsprechenden über genügend Gelmittel für einen Weiterzug verfügen. Ist das nicht der Fall, wird die Einsprache ohne grosse Umschweife abgeschmettert.

Merke: Unser prächtiger Rechtsstaat ist so eingerichtet, dass nur Recht bekommt, wer Geld hat. Wer keins hat soll schweigen und das noch sehr leise.

Darum rät Gigaherz.ch, sich zu Einsprechergemeinschaften zusammenzuschliessen und eine gemeinsame Einsprache einzureichen. Denn die Quantität der Einsprachen spielt keine Rolle, sondern nur deren Qualität. Und Fr. 20‘000 geteilt durch 50 Einsprechende macht noch 400Franken pro Nase und das auf 4 Jahre verteilt. So lange dauert es nämlich meistens bis das Bundesgerichtsurteil vorliegt.

Von Hans-U. Jakob

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