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380kV-Leitung Chippis-Bickigen

Wer bei so starkem Gegenwind die falsche Startrichtung wählt, wird unvermeidlich auf die Nase fallen. Wenn man(n) bei Swissgrid glaubt, die Bevölkerung weiterhin mit arglistigen Täuschungsmanövern überlisten zu können, ist der Crash vorprogrammiert. Selbst dann, wenn Bundesrätin Doris Leuthard persönlich am Steuer sitzt.

von Hans-U. Jakob
Schwarzenburg, 3.10.2015

Allein das neue Pumpspeicherwerk Nant de Drance im Unterwallis wird 2.4mal mehr als das 2019 abzubrechende Atomkraftwerk Mühleberg leisten. Spät haben sie es gemerkt bei Swissgrid, der neuen nationalen Stromnetzgesellschaft. Aber jetzt haben sie es gemerkt. Die Höchstspannungsleitungen über den Col des Mosses, über den Sanetschpass und über den Gemmipass sind zu schwach um die Flut aller im Wallis produzierten elektrischen Energie ins Schweizerische Mittelland abzutransportieren.

In einem ersten Schritt wollen sie deshalb die 106km lange Leitung die mit insgesamt 297 Masten von Chippis im Wallis über den Gemmipass nach Wimmis und von da nach Bickigen bei Burgdorf führt, auf eine höhere Transportleistung aufrüsten. Die Erhöhung der Spannung von 220 auf 380 Kilovolt wird nicht genügen um die gewaltige Energiemenge bis ins Berner Mittelland zu transportieren. Zusätzlich muss die Leitung noch auf den doppelten Stromdurchfluss in Kiloampère nachgerüstet werden, was mindestens doppelt so dicke Seile wie bisher erfordert. Dadurch verdoppelt sich jedoch auch das von der Leitung verursachte Magnetfeld, sowohl in seiner Intensität, wie in seiner Ausdehnung.
Wegen dem doppelten Gewicht der Seile müssen auch noch die Masten und deren Fundamente bedeutend verstärkt werden.
Doch wie sag ichs meinem Kinde, resp. der Anwohnerschaft. Ziehen wir die Lehren aus dem gigantischen Debakel mit der Leitung Wattenwil-Mühleberg, wo das Bundesgericht den Anwohnern recht gegeben und klar gegen die Aufrüstungspläne und für eine Erdverlegung entschieden hat, oder beschreiten wir weiterhin den Weg der arglistigen Täuschung der Bürger/innen. Siehe https://www.gigaherz.ch/hochspannunsleitung-wattenwil-muehleberg/

Anhand der Presse- und Radiomeldungen über 2 Orientierungsabende in Burgdorf und Spiez geht hervor, dass man sich bei Swissgrid für die zweite Variante, diejenige mit einer ganzen Palette arglistiger Tricks entschieden hat.

Hof_unter_Hochspannung

Bild oben: So wie in diesem Bild in der Nähe von Blumenstein, führt die Gemmileitung viel zu nahe an zahlreichen Einzelhöfen und Siedlungen vorbei. Zur Vergrösserung bitte Bild anklicken.

Einige Stilblüten aus den Orientierungsveranstaltungen von Swissgrid

Wir werden bei den elektrischen Feldstärken die Grenzwerte einhalten, sagt Swissgrid und verschweigt wohlweislich, dass nicht das elektrische, sondern, das magnetische Feld gesundheitsrelevant ist und dass das Einhalten der Grenzwerte bei elektrischen Feldern überhaupt kein Problem darstellt, das Einhalten der magnetischen dagegen ein gigantisches.

Wir werden selbstverständlich die Immissionsgrenzwerte einhalten sagt Swissgrid und verschweigt wohlweislich, dass die Immissionsgrenzwerte nur für Kurzzeitaufenthalt von Menschen gelten, für Dauer- oder Langzeitaufenthalt von mehr als 2.2 Stunden täglich, die 100mal strengeren Anlage-Grenzwerte von 1 Mikrotesla. Diesen „klitzekleinen“ Unterschied kennt leider Otto und Ottilia Normalbürger nicht, Swissgrid dagegen haargenau.

Wir werden selbstverständlich die geltenden Vorgaben der NISV einhalten (Verordnung des Bundesrates über nichtionisierende Strahlung vom Februar 2000), sagt Swissgrid, verschweigt dabei aber wohlweislich, dass sie damit nicht die noch geltenden Texte meint, sondern die geplanten Textänderungen, die demnächst von den Eidg. Räten beschlossen werden sollen.
Nach den vorgeschlagenen Textänderungen in der NISV, müssen nämlich bei Sanierungen von Höchstspannungsleitungen die neuen Anlage-Grenzwerte für die Magnetfelder von 1 Mikrotesla, welche für den Daueraufenthalt von Menschen gelten, nicht mehr eingehalten werden. Die Magnetfelder müssen lediglich nur noch reduziert werden. Um wie viel sagt die Verordnungsänderung rein gar nichts aus.

Wir werden die Magnetfelder sogar reduzieren können, sagt Swissgrid, verschweigt aber wohlweislich, dass eine Reduktion von 4 auf 3 Mikrotesla gesundheitlich überhaupt nichts bringt. Es ist zudem überflüssig, über eine 1Mikrotesla-Grenze oder irgendwelche Placebo oder Nocebo-Effekte zu diskutieren, wenn die IARC (Internationale Krebskommission der WHO) in ihrem Band 80 nach der Konferenz von Lyon (FR), welche im Jahr 2002 stattfand, bei niederfrequenten Magnetfeldern von „möglicherweise Krebserregend“ bereits bei 0.3-0.4 Mikrotesla spricht.
Siehe IARC MONOGRAPHS ON THE EVALUATION OF CARCINOGENIC RISKS TO HUMANS; Volume 80 (Lyon 2001) 430 Seiten Englisch.
Interessant an diesem Entscheid der IARC war, dass Wissenschaftler welche auch im Auftrag der Industrie arbeiten, kein Stimmrecht erhielten.

Flucht nach oben
Wir werden die Magnetfelder sogar reduzieren können, sagt Swissgrid, verschweigt aber wohlweislich, dass ihnen dabei in der Nähe von Wohnhäusern und andern Orten empfindlicher Nutzung, nur die Flucht nach oben, sprich eine Erhöhung der Masten, möglich bleibt. Denn würden Swissgrid die bestehende Linienführung verlassen, wäre die Sanierung keine Sanierung mehr, sondern ein Neubau und dieser müsste dann die 1 Mikrotesla-Magnetfeldgrenzwerte zwingend einhalten.
Siehe https://www.gigaherz.ch/vernehmlassung-zur-aenderung-der-nisv/

Wir werden deswegen 30 Masten etwas erhöhen,
sagt Swissgrid, verschweigt aber um wie viel. Bei dem vom Bundesgericht abgelehnten Leitungsprojekt Wattenwil-Mühleberg sprach die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission ENHK (Subkommission im Bundesamt für Umwelt) von einer unmerklichen Erhöhung von nur 2-6m. Obschon aus den Ausführungsplänen klar und deutlich hervorging, dass es sich um Erhöhungen von 20 bis 60m handelte, beharrte die ENHK bis vor Bundesgericht unglaublich stur und starrsinnig auf ihrem Gutachten. Eigentlich hätte man nach diesem Debakel sämtliche Mitglieder dieser Kommission ersetzen müssen.

Erhöhung wegen Wegfall der Phasenoptimierung illusorisch
Weiter verschweigt Swissgrid, dass diese Erhöhungen der Masten zwecks Reduktion des Magnetfeldes völlig illusorisch sein wird, weil es sich beim Kraftwerk Nant de Drance im Unterwallis, welches 2.4mal mehr als das 2019 abzubrechende Atomkraftwerk Mühleberg leisten wird, um ein Pumpspeicherwerk handelt, dessen Wasser mit überschüssigem Billigststrom aus Kohle-, Wind- und Solarkraftwerken aus dem nördlichen Nachbarland wieder hochgepumpt werden muss. Dadurch entstehen auf der Gemmileitung entweder umgekehrte oder gegenläufige Lastflüsse, welche das Magnetfeld infolge Wegfalls der Phasenoptimierung in seiner Ausdehnung nochmals verdoppeln. Auch nach unten!

Selbstverständlich werden wir nebst der NISV auch sämtliche andern gesetzlichen Bestimmungen einhalten sagt Swissgrid, verschweigt aber wohlweislich, dass diese Gesetze zuerst geändert werden müssen und dass sich diese Gesetzesänderungen erst in der Vernehmlassung befinden und voraussichtlich erst in der kommenden Wintersession der Eidg. Räte behandelt werden. Nichtsdestotrotz führt sich Swissgrid so auf, als wären diese Gesetzesänderungen bereits in Kraft.
Die schlimmsten Änderungen betreffen die Gewichtung der nationalen Interessen. Bisher hat das Bundesgericht den Schutz der Landschaften von nationaler Bedeutung höher gewichtet als die Interessen der Stromnetzbetreiber und wo erforderlich, Erdverlegungen von Höchstspannungsleitungen verfügt. Mit dieser ersten Gesetzesänderung soll das Bundesgericht zur Umkehr gezwungen werden. Das heisst, es soll gesetzlich vorgeschrieben werden, dass Höchstspannungs-Freileitungen von höherem nationalen Interesse sein sollen, als der Schutz schöner Landschaften.

Bevölkerung wird entrechtet
In einer zweiten Gesetzesänderung soll auch noch gleich die Einsprache- und Beschwerdeberechtigung der Anwohner von Höchstspannungs-Leitungsprojekten abgeschafft werden. Anwohner sollen wohl noch in einem Anhörungsverfahren ihre Meinung zum Projekt abgeben dürfen, was jedoch rechtlich völlig wirkungslos bleibt und keinerlei gerichtliche Schritte mehr ermöglicht. Anwohner dürfen dafür sogar noch einen Verteter in eine sogenannte Begleitgruppe entsenden, welche aus 14 Vertretern von Bundesämtern, aus kantonalen Ämtern, aus auserlesenen aber technisch völlig unwissenden und höchst Sponsoring-empfänglichen, kompromissbereiten Umweltorganisationen und der Swissgrid besteht. Dazu, wie dort die Abstimmungsresultate ausfallen, haben wir bereits erste Erfahrungsberichte: Nämlich 13:1
Siehe https://www.gigaherz.ch/durchschaut/

Völlig unklar ist die Behauptung der Swissgrid, die Gemmileitung sei bereits vor 50 Jahren für eine Spannung von 380Kilovolt gebaut, aber seither nur mit 220Kilovolt betrieben worden. Dass auch das eine Lüge sein könnte, dürfte nach dem oben gesagten kaum noch jemand wundern, denn in allen uns bekannten Schematas und Tabellen wird diese Leitung seit Jahren mit einer Spannung von 380kV betrieben.

Projektauflage im November
Das Projekt und der Umweltverträglichkeitsbericht zur „Sanierung“ der Gemmileitung sollen während des Monats November in allen betroffenen Gemeinden zur Einsicht aufgelegt werden. Wenn der Umweltverträglichkeitsbericht von derselben Firma verfasst worden sein sollte, wie einst derjenige zu der Leitung Wattenwil-Mühleberg, dann gute Nacht Frau Seeholzer! Dieses Projekt musste nämlich wegen schier endlosen Betrügereien in 7 Gemenden je 2 mal neu aufgelegt werden.

Sehen Sie dazu unbedingt nach unter https://www.gigaherz.ch/fehlstart-bei-swissgrid/

Weitere Quellen zu diesem Artikel finden sie unter
http://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/ein-drittel-des-walliser-wasserstroms-bleibt-im-wallis-haengen
und
http://www.bernerzeitung.ch/region/emmental/die-gemmileitung-wird-aufgeruestet/story/23413295

Für weitere Informationen und Informationsvorträge wende man sich an die NIS-Fachstelle von Gigaherz.ch. Adresse und Tel-Nr. siehe ganz unten im schwarzen Balken

Von Hans-U. Jakob

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